Aktuelles

„Gefechtsbereitschaft herstellen!“

Dies scheint das Nahziel der großen geopolitischen Lager aktuell zu sein.

Muskelspielerei und Säbelrasseln beherrschen zunehmend die Berichterstattung und es ist schon besorgniserregend, dass über 100.000 russische Soldaten direkt an der ukrainischen Grenze Manöver abhalten. Die USA (die auch in Friedenszeiten 35.000 Mann in Deutschland stationiert hat) versetzen 8.500 Soldaten in erhöhte Bereitschaft und kündigen die Verlegung von Kräften nach Osteuropa an. Deutschland – das bevölkerungsreichste NATO-Land Europas – schien dabei zunächst wenig aktiv werden zu wollen und dann folgte der „Paukenschlag“: Das Verteidigungsministerium schickt 5.000 Stahl-Helme an die Ukraine (die 100.000 erbeten hatte) und will nach eigener Aussage damit ein „ganz deutliches Signal“ an Kiew senden, das lautet „Wir stehen an Eurer Seite“.

So sieht unsere aktuelle Staatspolitik aus. Einer Wertung meinerseits bedarf es nicht.

Warum sich ein kleiner Dorfbürgermeister über diese Vorgänge Gedanken macht? Nun, von Bautzen ist die ukrainische Grenze etwa 700 km entfernt – eine Strecke also, die nur unwesentlich länger ist als wenn wir nach Köln, Bremen oder Berchtesgaden fahren würden. Ich meine deshalb: Das geschieht direkt vor unserer Haustür und geht uns etwas an.

Die meisten von Ihnen kennen sie, die Bilder der sonntäglichen schwarz-weiß-roten Fahnenschwenker auf der Großpostwitzer Hauptstraße. Ein jeder darf seine eigene Auffassung dazu haben, dass hier – vorwiegend Auswärtige – ihre eigene Art von Meinungsfreiheit ausleben. Als wir jedoch nach Sonntag, dem 16.01.2022 feststellen mussten, dass nahezu sämtliche Licht- und Straßenschildermasten entlang der gesamten Bahnhofstraße, der Bergstraße, um den Kirchplatz herum und auf einem großen Teil der Hauptstraße mit schwarz-weiß-rotem Graffitis besprüht waren, dazu noch die Ampelanlage, Schaltkästen der Telekom, unsere Pumpenanlagen und  das Bahnbrückenbauwerk, war eine rote Linie deutlich überschritten. Eine solche Missachtung fremden Eigentums wäre in Zeiten, in denen diese Farben die deutschen Nationalfarben waren, hart geahndet worden. Auch ich beabsichtige nicht, dies auf sich beruhen zu lassen. Wer Hinweise auf die Täter hat, melde dies bitte in der Gemeindeverwaltung oder direkt bei der Polizei. Ich danke den Mitarbeitern des Bauhofes, die tagelang damit befasst waren, die Schmierereien zu entfernen.

Vom 29. zum 30.01.2022 zog das Sturmtief „Nadia“ über Deutschland. Es hinterlässt viele Schäden, sogar Tote und eine Spur der Verwüstung. Auch unsere Feuerwehr rückte über Mitternacht aus. Ein Baum hing über der Straße und musste beseitigt werden. Das war in diesem jungen Jahr bereits der vierte Einsatz. Eine Türöffnung, ein schwerer Verkehrsunfall und eine Tierrettung riefen die Kameradinnen und Kameraden in den ersten Wochen des Jahres bereits zum Einsatz. Ich möchte ihnen deshalb an dieser Stelle meine Hochachtung vor ihrer Einsatzbereitschaft und meinen Dank zum Ausdruck bringen.

Die Sternsinger besuchten uns aus Respekt vor den Corona-Regeln auch in diesem Jahr leider nicht persönlich. Stattdessen wurden liebevoll gestaltete Briefe an viele Häuser und Wohnungen versendet, damit der Sternsinger-Segen die Menschen dennoch erreichen kann. Die auch in Großpostwitz nun schon traditionelle Aktion eint viele Kinder, um Jahr für Jahr Menschen in ärmeren Ländern mit den eingeworbenen Spenden zu unterstützen. Gemäß dem Motto "gesund werden, gesund bleiben - ein Kinderrecht weltweit" werden mit den diesjährigen Spenden Projekte auf der ganzen Welt unterstützt, die die Gesundheit der Kinder zum Ziel haben. Gemeinsam mit unserer stellvertretenden Bürgermeisterin, Dagmar Stramke, und dem Oberguriger Bürgermeister Thomas Polpitz sowie dessen Stellvertreter, René Pötschke, brachten wir am 14. Januar 2022 den Segensaufkleber am künftigen Verwaltungszentrum Großpostwitz-Obergurig sowie an unserem Gemeindeamt an. Wir hoffen sehr, im nächsten Jahr wieder fröhliche Sternsingerkinder persönlich vor Ort empfangen zu dürfen.

Lassen Sie mich bitte - nach diesem Blick gen Zukunft - Ihre Aufmerksamkeit nur sechs Monate zurück lenken. Im Sommer letzten Jahres gelangte unser Gemeindehaushalt in eine dramatische Schieflage. Durch sehr hohe Gewerbesteuerrückzahlungen und -ausfälle geriet unsere Zahlungsfähigkeit in akute Gefahr. Mittelfristig wären wir nicht mehr in der Lage gewesen, unsere Zahlungsverpflichtungen dauerhaft zu erfüllen.

Ich berichtete Ihnen im Amtsblatt und über alle denkbaren Kanäle fortwährend, dass wir sofort handelten. Jede vermeidbare Ausgabe wurde ausgesetzt und alle künftigen Vorhaben einer strengen Entbehrlichkeitsprüfung unterzogen. Das Liquiditätsmanagement erhielt Priorität eins, um anstehende Zahlungen termingerecht leisten zu können. Recht kurzfristig gelang es uns, vom Freistaat Sachsen eine Bedarfszuweisung von über einer halben Million Euro zu erhalten, die vorübergehend die akute Geldnot stillte. Leider ist diese in Gänze zurückzuzahlen und belastet uns deshalb in den Jahren 2023 bis 2025 mit einer Rückzahlrate von jeweils 180 T€. Dies schränkt unsere Handlungsmöglichkeiten in diesen Jahren deutlich ein.

Nach umfassenden Beratungen im Gemeinderat beschlossen wir im Oktober einen Nachtragshaushalt, um das Jahr 2021 wirtschaftlich überstehen zu können. Dieser diente vor allem dazu, unter Sicherstellung nicht verschiebbarer Aufwendungen (Kindergarten, Schule, Straßen- und Gebäudeunterhaltung, Personalkosten, Feuerwehr, laufende Baumaßnahmen) zahlungs- und somit handlungsfähig zu bleiben. Gleichzeitig beschlossen wir, ein Haushaltsstrukturkonzept aufzustellen. So bezeichnet man ein Maßnahmenpaket, das - leider meist nicht angenehme -  Anstrengungen beinhaltet, Kosten zu senken und zusätzliche Einnahmen zu generieren. Ziel ist, dauerhaft und belastbar alle Aufgaben leisten und auch bezahlen zu können.

Ich weiß, dass die Beschreibung finanzieller Vorgänge keine leichte Kost ist und deshalb nicht zu den vergnüglich zu lesenden Texten zählt. Dennoch will ich versuchen, ein paar Eckpunkte anzureißen, da die Wirkungen uns schließlich alle betreffen. Sehr verkürzt lässt sich sagen: Großpostwitz war in den letzten ca. 20 Jahren einnahmeseitig im Vergleich zu anderen Gemeinden sehr gut aufgestellt, da wir hohe Gewerbesteuereinnahmen hatten. Diese waren so gut, dass wir regelmäßig einen hohen Teil davon als Finanzausgleichsumlage „abgeben“ mussten (im Rahmen des Finanzausgleiches erhalten finanziell schlechter aufgestellte Kommunen daraus einen Teil ihrer Mittel). Darüber hinaus konnten wir es uns „leisten“, seit 2001 die Grundsteuerhebesätze auf dem gleichen Niveau zu belassen. Mindereinnahmen in diesem Bereich glichen wir mit den ergiebigeren Gewerbesteuern aus. Trotzdem Energie (Straßenbeleuchtung), Winterdienst (Treibstoff, Fahrzeugunterhaltung), bauliche Straßenunterhaltung, Personal – um nur einige wenige zu nennen - natürlich in 20 Jahren deutlich teurer wurden, haben wir noch immer ähnliche Grundsteuereinnahmen wie 2001.

Der Gewerbesteuereinbruch des letzten Jahres führte uns schmerzhaft vor Augen, dass wir uns nicht darauf verlassen können, dass diese künftig wieder „sprudeln“. Selbst wenn wir künftig ein geringes Steueraufkommen haben sollten und hauptsächlich von Finanzausgleichsleistungen abhängig werden (wie viele unserer Nachbargemeinden!), müssen wir für Sie alle Leistungen erbringen können, die das Funktionieren der Gemeinde ausmachen. Unter dieser verantwortungsvollen Maxime soll der Haushaltsplan für das Jahr 2022 samt mittelfristigem Haushaltskonsolidierungskonzept in der Februarsitzung des Gemeinderates beschlossen werden (Wie im letzten Amtsblatt bekanntgemacht, ist der Entwurf seit 20.01.2022 auf unserer Homepage unter https://grosspostwitz.de/downloads/HHP2022 für jedermann einzusehen).

Deshalb gingen wir sprichwörtlich jede Ausgabenposition nochmals durch und prüften sie auf Erforderlichkeit. Wir schoben oder strichen größere Investitionen und Anschaffungen. Die Elternbeiträge der Kindergarten- und Hortbetreuung passten wir dem gesetzlichen Rahmen an. Erstmals seit 2001 sehen wir uns gezwungen, die Grundsteuerhebesätze ab diesem Steuerjahr anzuheben.

Für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) steigt der Hebesatz von bisher 305 auf 315 v.H. der Steuermessbeträge (Spitzenwert in Sachsen 490 v.H.).

Für die Grundsteuer B (bebaute bzw. bebaubare Grundstücke) steigt der Hebesatz von bisher 400 auf 430 v.H. der Steuermessbeträge (Bautzen: 460 v.H., Spitzenwert in Sachsen 650 v.H.). Überschlägig wird das für einen Einfamilienhausgrundstück – je nach Größe und Baujahr –jährlich Mehraufwendungen im Bereich von 10-20 € bedeuten.

Bereits seit 1995 beträgt der Gewerbesteuerhebesatz 400 v.H. des jeweiligen Messbetrages. Er wird nun auf 420 v.H. steigen (Bautzen: 420 v.H., Spitzenwert in Sachsen 465 v.H.)

Insgesamt erhoffen wir uns durch die Anpassung der Hebesätze ein jährliches Mehraufkommen von 90-100 T€ für die Gemeinde. Durch die Verteilung der finanziellen Erfordernisse auf viele Schultern wollen wir die Belastung für den Einzelnen jedoch möglichst überschaubar halten. Andererseits planen wir durch ein stringent eingeschränktes Ausgabeverhalten, jährlich ca. 80 T€ weniger auszugeben. Dies kann nicht ohne Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinde sein, ist aber aktuell erforderlich.

Bereits in vorangehenden Amtsblättern schrieb ich „Sparhaushalte sind kein schönes Thema, aber sie sind ehrlich und sie versetzen uns in die Lage, auch in der Zukunft handeln zu können. Trotz leerer Kassen werden wir alle Möglichkeiten nutzen, Großpostwitz weiter zu entwickeln und für Sie lebenswert zu erhalten.“ Von diesen Prämissen lassen wir uns im Gemeinderat auch weiterhin leiten.

Der Februar wird ein Monat vieler weitreichender Entscheidungen und Entwicklungen. Damit meine ich nicht nur den eben beschriebenen Haushalt, das Voranbringen der Vorhaben, die wir uns für 2022 vorgenommen haben oder die Frage, ob wir nun endlich doch noch einen Winter bekommen. Nein daneben läuft die Debatte über die Impfpflicht, es werden die Weichen für die Landratswahl gestellt, der Ukraine-Konflikt schwelt weiter und wir alle sind gespannt, was uns nach Omikron erwartet.

Ich wünsche Ihnen für Ihren Februar alles Gute!

Ihr Bürgermeister,
Markus Michauk

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